deutsche ict + medienakademie & eco Akademie

Drei O-Töne befruchteten das Programm der deutschen ict + medienakademie in 2022: Ein Vorstandsmitglied eines Großkonzerns in einer Vorstandssitzung: „Regenerative Energien sollten nie mehr als 30 Prozent der deutschen Stromerzeugung ausmachen, weil das zum Zusammenbruch des Netzes führen würde und dies nicht elektronisch geregelt werden kann.“ Ein CEO eines Automobilkonzern: „Bis 2022 werden alle neuen Autos in Deutschland voll autonom auf den Straßen unterwegs sein.“ Ein KI-Experte in 2022: „Wirklich gute KI ist noch 50 Jahre weit weg.“

Die Beispiele zeigen, dass bessere, sprich: hintergründigere und ausgewogenere Informationen zu Tech-Themen als gemeinhin üblich wichtig sind, vielleicht sogar überlebensnotwendig für Unternehmen. Seit mehr als zwanzig Jahren ist die deutsche ict + medienakademie der ThinkTank der führenden Experten zu Tech-Themen rund um das Internet, IT, TK, Mikroelektronik, kurzum alles Digitale. Als Unternehmen der eco Gruppe ist sie auch für jene Teile der eco Akademie verantwortlich, welche Mitgliedern des Verbands und weiteren Interessierten die optimale Mischung aus neutraler Weiterbildung und Expertise des täglichen Geschäfts der Internetwirtschaft bietet.

Das berühmte Kernformat der Akademie sind ihre sog. Executive-Roundtables – Präsenz-Gesprächsrunden mit 30 bis 50 Führungskräften mit sehr verschiedenem Hintergrund und Meinung, die sechs Stunden intensiv anhand von Impuls-Statements komplexe Themen diskutieren. In 2022 wurde der 450. Roundtable durchgeführt, an denen bisher rund 19.000 Führungskräfte teilgenommen haben. Selbst wenn dieser Weg eines kleinen, aber diskussions-intensiven Gedankenaustauschs mühsamer ist als Großveranstaltungen, die nur an der Oberfläche schwieriger Themen kratzen können – er lohnt sich, weil es kaum Teilnehmer:innen gibt, die abends nicht mit dem sicheren Gefühl nach Hause fahren, alle wesentlichen Druckpunkte und Stellschrauben zum jeweiligen Thema kennengelernt zu haben.

Daneben standen 2022 auch wieder Formate wie Inhouse Trainings & Coachings, sowohl in Präsenz als auch hybrid oder online-only, auf dem Programm – z. B. ein Train-the-Trainer-Kurs in Sachen KI.

Executive-Roundtables 

2022 ging es bei 20 Roundtables vor allem um die digitale Infrastruktur (z. B. Future Networks, Next-Gen-Internet, City-Netze, Fixed-Mobile-Convergence, Narrowband & IoT), digitale Tools (z.B. Assistenten/Bots, Automatisierung, Metaverse)  sowie spezifische Bereiche wie  Connected Car,  Digital Health oder VideoTech. Einige Beispiele: 

Industrie: Hoch- oder Voll-Automatisierung, AI-Factory oder gar autonom?

(29. Februar 2022) Nicht ohne Grund steht im Ranking der meistgenutzten digitalen Buzz-Words seit Jahren Industrie 4.0 gleich nach Digitalisierung und disruptiver Transformation ganz weit vorne. 90 Prozent der deutschen Industrieunternehmen arbeiten oder planen nach einer aktuellen Studie mit Anwendungen für Industrie 4.0, eingerahmt von vielen begleitenden Tech-Begriffen wie z. B. Automatisierung, CPS, Embedded Systems, KI, M2M, Robotics, die durchgängig vernetzte Fabrik und seit einiger Zeit vereinzelt sogar Industrie 5.0.

Aber: Nur etwa die Hälfte der deutschen Maschinenbauer setzt laut einer anderen Umfrage Robotertechnik in ihren Unternehmen ein, und nur ein Drittel will diesen Ansatz weiter ausbauen, selbst wenn das Thema „Arbeitsplatzverluste“ dabei gar nicht einmal die große Rolle spielt. Ein Zeichen der Grenzen der Automatisierung? In diesem Gedankenaustausch wurden unterschiedliche Strategien von Industrieunternehmen deutlich, aber auch, dass schon ein sehr spitzer Bleistift notwendig ist, um den rechenbaren Grad an Automatisierung zu ermitteln.

Digital Twins in Unternehmens-Prozessen: Echter Umbruch oder Hype um längst Bekanntes?

(23. März 2022) Simulationen gibt es schon sehr lange, in der Industrie genauso wie in anderen Wirtschaftssektoren.  Was allerdings in den letzten Jahren, u. a. aufgrund der Fortschritte bei der KI, sprunghaft zugenommen hat, ist das Ziel, mehr oder minder komplette digitale Abbilder von immer größeren Teilen einzelner oder auch mehrerer Wertschöpfungsprozesse zu bauen. Mit ihrer Hilfe, so die Verfechter digitaler Zwillinge, könne es z. B. viel besser gelingen, diese Prozesse von vorherein optimiert aufzubauen oder komplexe Abläufe und ihre geplanten Veränderungen vorab auf Herz und Nieren zu untersuchen.

Diese Experten:innen-Runde im 16. Stock des TÜV Rheinland-Headquarters in Köln war extrem spannend, waren doch dabei Pioniere aus vielen verschiedenen Bereichen, selbst der Präsident der frisch gegründeten Digital Twin-Association war angereist. Fazit in einem Satz könnte etwa sein, dass der digitale Zwilling wohl, trotz einiger abseitiger Unkenrufe, seinen Weg finden wird, zunächst überall dort, wo der Invest hoch und die Ergebnisse nur schwer vorhersehbar sind, danach aber auch in vielen anderen Bereichen – also irgendwann überall digitale Zwillinge. 

Ziel 1.000Gbps, 0,1msec und überall KI? 6G ist kein No-Brainer

(18. Mai 2022) Früher war alles anders. Es dauerte Jahre, bis in Kreisen außerhalb der Eingeweihten-Szene von neuen Mobilfunk-Generationen gesprochen wurde und wenn es einer doch tat, bekam er zu hören – warum denn schon so früh? Bei 6G scheint die Sache anders zu liegen, ist in jedem Fall aber anders gelaufen. Während sich 5G noch im Anlaufschwung befindet, wird bereits europaweit auf breiter Front über die Handlungsoptionen und Möglichkeiten von 6G gesprochen, bis hin zur Überschrift „6G hält, was 5G versprochen hat“.

Was ist denn da bloß der Knackpunkt? Im Gedankenaustausch hierzu wurde klar, dass noch viel Grundlagenarbeit zu leisten ist, sowohl bei der erforderlichen Übertragungstechnik als auch vielen anderen Baustellen und nicht zuletzt den teils sehr visionären Anwendungen wie etwa der Übertragung von Gefühlen.

HPC, Quanten- und Bio-Computing – Research-as-usual oder „Kommt da was schneller als bisher gedacht?“

(14. September 2022) Fragestellungen rund um das Thema „Computer“ haben die deutsche ict + medienakademie bereits sehr frühzeitig und immer wieder beschäftigt, etwa 2015 bei IBM in Köln mit dem Titel „Wie schnell kommt Cognitive Computing?“ Am 14. September 2022 fand der fünfte Roundtable der dma zu „Future Computing“ statt, dieses Mal im Innovation Center bei Hewlett Packard Enterprises in Böblingen.

Mit dabei deutsche Spitzenforscher:innen, das DFKI und vier Fraunhofer-Institute genauso wie Hochschulen und Industrie. Dabei ging es weniger um Cognitive Computing, psychologische und gesellschaftliche Implikationen, sondern ganz simpel um die Frage, ob sich HPC und Quantencomputing Konkurrenz machen oder ergänzen. Die Antwort war etwas überraschend – hybride Ansätze könnten durchaus ein belastbarer Weg sein, vorausgesetzt, Quantencomputing geht den Weg weiter, der 2022 erstmals sichtbar wurde, ohne Extrem-Kühlung und mit kleinen Einbaumaßen, selbst für Kraftfahrzeuge.