Gesetzgebungsverfahren und Fokusthemen
TKG-Novelle
Mitte des Jahres 2022 erreichte der Regierungsentwurf zur Umsetzung des europäischen Rechtsrahmens für Telekommunikation (Europäischer Kodex für elektronische Kommunikation) den Bundestag. Im Bereich der Marktregulierung wurde der Grundsatz der Regulierung von Markmacht beibehalten. Neuerungen sind die Einführung von Ko-Investitions- und Ko-Operationsmodellen zum Ausbau hochleistungsfähiger Netze. Im Bereich des Kundenschutzes wurden zahlreiche neue Vorschriften eingeführt. Zudem wurde ein Anspruch auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten als Nachfolgeregelung des Universaldienstes eingeführt. Im Bereich der Sicherheitsanforderungen für Telekommunikationsunternehmen wurden die Regelungen teilweise erheblich strenger. Auch die Telekommunikationsüberwachung wurde ausgeweitet. eco hat die TKG-Novelle aktiv begleitet und vielfach Stellung genommen. Die weitere Umsetzung und Ausgestaltung wird eco für seine Mitglieder weiterhin begleiten.
TKG-Umsetzung
Die Mitgliedsunternehmen im Telekommunikationssektor sind weiterhin mit der Umsetzung der Pflichten aus dem novellierten Telekommunikationsgesetz befasst. Dies betrifft unter anderem die Bereiche Kundenschutz, das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten sowie neue Sicherheitsanforderungen.
Im Bereich Kundenschutz ist das Thema Minderung für Verbraucher:innen hinsichtlich Abweichungen von Internetgeschwindigkeiten bei Festnetzanschlüssen wichtig. eco hat hierzu mehrfach Stellung genommen.
Das Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten wurde konkretisiert. Dieser Anspruch dient der Grundversorgung mit Internet und Telefon. Nachdem das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie der Digitalausschuss des Bundestages sein Einvernehmen erklärt haben, hat nun auch der Bundesrat der Telekommunikationsmindestversorgungsverordnung zu den Mindestanforderungen (Down-, Upload, Latenz) zugestimmt.
Für die betroffenen Mitgliedsunternehmen ist es wichtig, dass der privatwirtschaftliche und geförderte Ausbau nicht verzögert wird und keine künstliche Versorgungslücke durch den Ausschluss von Internet via Satellit geschaffen wird.
Die Sicherheitsanforderungen wurden in der TKG-Novelle erheblich verschärft und deutlich komplexer. Vor allem betraf dies die 5G-Netzbetreiber. Der Sicherheitskatalog wurde mit Widerspruch angefochten. Der 5G-Netzausbau wird dadurch verzögert und die Rechts- und Planungsunsicherheit belastet die Unternehmen weiter.
Das BMDV hat eine Gigabitstrategie verabschiedet und der Bundestag hat deren Unterstützung bekundet. Eine ambitionierte und zielgerichtete Planung regulatorischer und anderer Maßnahmen aller Akteure sind für den erfolgreichen Gigabitausbau essenziell. Dieser Ausbau ist Teil der Daseinsvorsorge und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. eco hat mehrfach kommentiert und sieht die zügige Umsetzung der Maßnahmen in der Gigabitstrategie als vordringlich an.
Vorratsdatenspeicherung
Auf Vorlage des Bundesverwaltungsgerichts hat der Europäische Gerichthof (EuGH) am 20. September 2022 entschieden, dass die Regelung zur Speicherung von Verkehrsdaten nicht mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Unter Beachtung des EUGH-Urteils ist das Verfahren von dem Bundesverwaltungsgericht fortzusetzen. eco setzt von Beginn an gegen die Vorratsdatenspeicherung ein und unterstützt sein Mitgliedsunternehmen SpaceNet AG seit 2016 in allen gerichtlichen Instanzen. Im Nachgang der Entscheidung des EuGH ist eine politische Grundsatzentscheidung und Neubewertung über die gesetzliche Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung erforderlich. Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hat angekündigt, statt der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung eine gezielte Speicherung auf richterliche Anordnung gesetzlich schaffen zu wollen. Das Bundesministerium der Justiz beabsichtigt hierzu einen Vorschlag für die Einführung eines Quick-Freeze Verfahrens zu erarbeiten. Damit soll auch die Aufhebung der bestehenden europarechtswidrigen gesetzlichen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung erfolgen.
Fair-Share – Infrastrukturabgabe
Die EU-Kommission hat im Januar 2022 eine „Europäische Erklärung zu den digitalen Rechten und Grundsätzen für die digitale Dekade“ vorgestellt, in der sie die „faire und angemessene Beteiligung“ sämtlicher Marktteilnehmer an den Infrastrukturkosten für Konnektivitätsnetze in Aussicht stellt. Vor diesem Hintergrund hat sich die sogenannte „Fair-Share“-Debatte entwickelt. Hierbei geht es um die Frage, ob sich die großen Inhalte- und Anwendungsdiensteanbieter an den Kosten der digitalen Konnektivitätsnetze beteiligen sollten und ob ein regulatorischer Eingriff in der Europäischen Union angemessen wäre.
eco verfolgt die aktuelle Debatte und die damit verbundenen Prozesse auf nationaler und EU-Ebene. Hierzu hat eco ein White-Paper verfasst, das die wesentlichen Aspekte des Debattenbeitrags „Internet Interconnection and Infrastructure: On the debate of Infrastructure Cost Sharing“ wiedergibt und den relevanten Akteuren zur Verfügung gestellt wurde.
eco hat die Diskussion in einem BXLTalk aufgegriffen und den internen Austausch mit den Mitgliedsunternehmen zu dieser Thematik initiiert.
Die EU-Kommission hat eine Konsultation zur Zukunft des Konnektivitätssektors und der Konnektivitätsinfrastruktur angekündigt und möchte sich damit Meinungen, über die sich wandelnde Technologie- und Marktlandschaft und über mögliche Auswirkungen auf den Sektor der elektronischen Kommunikation einholen. Im Vordergrund steht dabei die Frage welche Akteure zukünftig einen Beitrag zu den Investitionen in die Konnektivitätsinfrastruktur leisten sollten.
Netzneutralität
Im Sommer 2022 beschloss das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) die aktualisierten Leitlinien zur Auslegung der Telecom-Single-Market-Verordnung (TSM-VO), welche die Netzneutralität schüzten und andererseits Innovationen ermöglichen soll. Die wesentliche Änderung ist die Streichung aller Prüfvorgaben hinsichtlich Zero-Rating-Angeboten. Hintergrund ist die Rechtsprechung des Europäischen Gerichthofs, der im September 2021 unerwartet solche Angebote für grundsätzlich unvereinbar mit der TSM-VO beanstandete. Die TSM-VO soll auch das Internet als niedrigschwellige Möglichkeit für den Marktzutritt und als Raum für Innovationen schützen. Diese Ziele sind nach Ansicht des eco in Zukunft noch mehr durch GEREK zu berücksichtigen. Dies hat eco auch in seiner Stellungnahme angeführt.
IT-Sicherheit
Im Bereich der IT- und Cybersicherheit lag der Schwerpunkt im Jahr 2022 insbesondere auf europäischer Ebene. Das Trilogverfahren zur NIS-2 Richtlinie verfolgte eco ebenso wie den im September vorgestellten Cyber Resilience Act. Hierzu brachte sich eco in die Sondierung der EU-Kommission ein und veröffentlichte eine Stellungnahme zum offiziellen Entwurf. Auf nationaler Ebene spielte das Thema Resilienz der Netze eine zentrale Rolle. eco brachte sich dazu im Rahmen In die Arbeiten bei der Bundesnetzagentur ein und das Thema auch im Rahmen einer hochkarätig besetzen Paneldiskussion auf dem diesjährigen Gigabit-Symposium aufgegriffen.
Digital Services Act
Im Dezember 2020 wurde der Digital Services Act (DSA) als Nachfolger der E-Commerce Richtlinie präsentiert. Nach den Verhandlungen im Rat und im Parlament erfolgten Anfang 2022 dann die Triloggespräche zwischen den am EU-Gesetzgebungsprozess beteiligten Organen. Nach etwa drei Monaten erzielten der Rat und das Europäische Parlament im April 2022 eine Einigung über den Gesetzesvorschlag, der sodann im Juli 2022 im Plenum bestätigt wurde. Am 16. November trat der DSA letztlich in Kraft.
eco hat den Legislativprozess aktiv begleitet und die wesentlichen Kritikpunkte während den Verhandlungen vorgebracht. Der DSA bringt neue Maßnahmen zur Bekämpfung illegaler Online-Inhalte und die Verpflichtung der Plattformen zu schnellen Reaktionen, zu mehr Transparenz und zu der Rechenschaft. Er soll zudem für mehr Rückverfolgbarkeit und Kontrollen von Händlern auf Online-Marktplätzen sorgen.
Im Rahmen der Umsetzung des DSA muss aufgrund der vollharmonisierenden Wirkung der nationale Rechtsrahmen grundlegend überarbeitet werden. Dies gilt für das Telemediengesetz (TMG) das NetzDG und voraussichtlich auch für das Jugendschutzgesetz (JuSchG). Für die deutsche Umsetzung ist ein „Digitale Dienste Gesetz“ vorgesehen in dem das TMG aufgehen soll. Das NetzDG soll weitgehend aufgehoben werden. Erste Vorarbeiten für das Digitale Dienste Gesetz erfolgten seitens des BMDV Ende 2022. Ein Entwurf für das Digitale Dienste Gesetz wird im Frühjahr 2023 erwartet. eco wird die Umsetzung des DSA weiter aktiv begleiten.
Digital Markets Act
Der Digital Markets Act (DMA) soll faire und bestreitbare digitale Märkte auf Basis ex ante wirkender Verpflichtungen für zentrale Plattformdienste – sogenannte Gatekeeper – sicherstellen. Im Januar 2022 begannen die Triloggespräche zum DMA unter Beteiligung von EU-Parlament, EU-Kommission und Rat. Während einige strittige Punkte, z.B. Ausweitung des Anwendungsbereiches, bereits vor dem zweiten Treffen im Februar aufgelöst werden konnten, haben Kompromisse zur Identifikation von Gatekeeper, zu den damit einhergehenden Ge- und Verboten sowie möglicher Interoperabilitätsverpflichtungen mehr Zeit in Anspruch genommen. Beim vierten Gespräch am 24. März konnten letzte Differenzen ausgeräumt und eine Einigung zur Ausgestaltung des DMA erreicht werden. Währenddessen wurde im Sommer die künftige Durchsetzung weiter diskutiert. Dabei wurden sowohl der Kompetenzzuwachs als auch die notwendige Personalrekrutierung der EU-Kommission kritisiert.
Der DMA wurde am 14. September 2022 vom Europäischen Parlament und vom Rat angenommen, trat zum 1. November 2022 in Kraft und gilt ab dem 2. Mai 2023.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Die mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) geschaffene Meldepflicht zur Ausleitung rechtswidriger Inhalte aus dem Beschwerdeverfahren samt der IP-Adresse, Portnummer und dem Benutzernamen des Veröffentlichenden ist zum 1. Februar 2022 in Kraft getreten. Im Sommer 2021 hatten mehrere Betreiber sozialer Netzwerke negative Feststellungsklage beantragt, um die Wirksamkeit der Meldepflicht und damit einhergehende Verpflichtungen überprüfen zu lassen. Daraufhin hat das Bundesamt für Justiz (BfJ) die Umsetzung der Meldepflicht bis zur Klärung der anhängigen Verfahren ausgesetzt.
Das Verwaltungsgericht Köln hat im März 2022 den Eilanträgen von Google und Meta teilweise stattgegeben und entschieden, dass die neu geschaffenen Pflichten dem Herkunftslandprinzip widersprechen. Dies gilt insbesondere für die Meldepflicht der Betreiber sozialer Plattformen an das Bundeskriminalamt. eco sah darin die Gefahr einer Vorratsdatenbank bei dem Bundeskriminalamt. Zudem hätte diese Meldepflicht nach dem NetzDG die originär hoheitliche Aufgabe der Strafverfolgung auf private Unternehmen oktroyiert.
eco hat vielfach Stellung genommen und mehrere seiner Rechtsauffassungen wurden durch das Verwaltungsgericht Köln bestätigt, wie die fehlende Notifizierung des NetzDG bei der EU und die Unzulässigkeit einer allgemeinen gesetzlichen Meldepflicht. (vgl. eco Pressemitteilung, 2. März 2022)
CSAM-Verordnung – Kindesmissbrauchsinhalte
Die Europäische Kommission hat im Mai 2022 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Verhinderung und zur Bekämpfung von Kindesmissbrauchsinhalten (CSAM-Verordnung) verabschiedet. Damit sollen proaktive Such- und Löschpflichten für Internetdiensteanbieter für bekannte und neue Inhalte sowie für Grooming eingeführt werden. Damit einher geht auch ein Vertrauen auf technologische Effizienz und ein Angriff auf die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung im Internet. Kurze Fristen und Internetsperren sind weitere Kritikpunkte am Vorschlag. Zudem führt der Vorschlag ein EU-Zentrum ein und lässt die Rolle der über 25 Jahre erfolgreichen Hotlines und ihrer Arbeit im Kampf gegen illegale Onlineinhalte unbedacht.
eco hat den Vorschlag zunächst mit einem Hintergrundpapier und im Anschluss mit einer ausführlichen Stellungnahme kommentiert.
Eines der Ziele des eco war es, die teils intensiv geführten Diskussionen mit Informationen zu mehr Sachlichkeit zu verhelfen. Dieses Vorhaben hat eco auch durch zwei online-Workshops unterstützt.
E-Evidence-Verordnung
Die Verordnung zur grenzüberschreitenden Beweissicherung und Herausgabe elektronischer Daten (Bestands-, Verkehrs- und Inhaltsdaten) war lange Gegenstand von Verhandlungen zwischen europäischem Parlament und europäischem Rat Der politische Trilog wurde Ende 2022 abgeschlossen, so dass eine Verabschiedung der Verordnung für 2022 erwartet wird. eco brachte sich in die Diskussionen auf europäischer und nationaler Ebene bei den beteiligten Ministerien und Institutionen ein und hat hierzu mehrfach schriftlich kommentiert.
Terroristische Online-Inhalte
Ende 2020 einigten sich die Verhandler des Europäischen Parlaments und des Rats der Europäischen Union auf einen gemeinsamen Text für die Verordnung zur Bekämpfung der Verbreitung terroristischer Online-Inhalte. Anfang 2021 wurde das Verhandlungsergebnis sowohl vom Rat als auch vom Parlament bestätigt und am 17. Mai 2021 im Amtsblatt veröffentlicht. Ab 7. Juni 2022 müssen von Behörden gemeldete Inhalt binnen einer Stunde entfernt werden. Über die vorgenommenen Maßnahmen müssen Diensteanbieter entsprechende Transparenzberichte veröffentlichen.
Die nationalen Gesetzgeber sind gemäß Artikel 12f TCO dazu verpflichtet sicherzustellen, dass die zuständigen Behörden benannt, befugt und ausgestattet sind. Den Mitgliedstaaten wird vom EU-Gesetzgeber gemäß Artikel 21 TCO außerdem die Aufgabe übertragen, das Monitoring der in ihre jeweilige Gerichtsbarkeit fallenden Hostingdiensteanbieter zu betreiben und die entsprechenden Informationen an die Kommission zu übermitteln. Zudem wird den Nationalstaaten aufgetragen, Sanktionsvorschriften für die in Artikel 18 (1) TCO explizit aufgelisteten Fälle von Verstößen der Hostingdiensteanbieter zu erlassen.
Dafür hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) ein Durchführungsgesetz (TerrOIBG) erlassen. eco hat sich u.a. mit einer Stellungnahme in den Gesetzgebungsprozess eingebracht.
Europäisches Datengesetz / Data Act
Die Europäische Kommission legte im Februar 2022 ihren Entwurf für ein europäisches Datengesetz (Data Act) vor. Dieses soll einen regulatorischen Rahmen für die Nutzung von nicht-personenbezogenen Daten schaffen und Daten besser verfügbar machen. Es ist zudem Teil der europäischen Datenstrategie, die das Ziel verfolgt Europas globalen Anteil an der datengetriebenen Wirtschaft bis 2030 zu steigern. Die Kommission hat die fehlende Verfügbarkeit von Daten als ein zentrales Problem ausgemacht, was zur geringen Nutzung von Daten durch europäische Unternehmen beiträgt und sich negativ auf die Wettbewerbsfähigkeit und das Innovationspotenzial der europäischen Wirtschaft auswirkt.
In diesem Kontext sieht das Datengesetz als ein Kernelement eine Verpflichtung zum Teilen von Daten für Anbieter von vernetzten Produkten vor. Diese Dateninhaber müssen ihre, durch das Produkt erzeugten, Daten den Nutzer:innen zugänglich machen, die diese zur Inanspruchnahme einer Dienstleistung auch an andere Unternehmen weitergeben dürfen. Auch für öffentliche Stellen sieht der Vorschlag in gewissen Fällen Zugriffsrechte auf die Daten von privaten Unternehmen vor, etwa bei Notfällen. Zudem möchte die Europäische Kommission mit ihrem Vorschlag das Wechseln von Cloud-Anbietern vereinfachen, indem sie Regeln für Kündigungsfristen, Wechselgebühren und Interoperabilität zwischen Anbietern festlegt.
eco hat sich an der Konsultation zum Entwurf der Kommission mit einer Stellungnahme beteiligt. Zudem wurden das Gesetz und unsere Position dazu im Rahmen eines Politikfrühstücks und eines Policy Briefings interessierten Mitgliedern und externen Stakeholdern aus dem politischen Raum vorgestellt. Die anschließenden Verhandlungen im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat konnten 2022 nicht abgeschlossen werden. Dabei wurden insbesondere ein besserer Schutz von Geschäftsgeheimnissen im Zusammenhang mit der Teilungspflicht, eine stärkere Einschränkung der Zugriffsrechte von öffentlichen Stellen auf die Daten von privaten Unternehmen sowie weniger starre Regeln für Cloud-Anbieter thematisiert. eco wird das Gesetzgebungsverfahren weiter aktiv begleiten. Eine Verabschiedung soll noch im Jahr 2023 erfolgen.
Dateninstitut der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag die Gründung eines Dateninstituts beschlossen. Dieses soll helfen, Daten besser nutzbar zu machen. Konkret heißt es in dem Vertrag: „Ein Dateninstitut soll Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben, Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren.“ Im Oktober 2022 startete die Bundesregierung eine Stakeholderkonsultation zur genaueren Ausgestaltung des Instituts. eco hat sich an dieser Konsultation beteiligt und hierzu eigene Eckpunkte für ein Dateninstitut formuliert.
Die Ergebnisse der Konsultation flossen in die Eckpunkte zum Konzept ein, welche von der eingesetzten Gründungskommission des Dateninstituts am 6. Dezember 2022 auf dem Digitalgipfel präsentiert wurden. Diese Eckpunkte sehen die Gründung anhand von drei verschiedene Use Cases vor, die sich aus Konkreten Problemen und Bedarfen bei der Datennutzung ergeben. Doppelstrukturen zu bereits vorhandenen Akteuren sollen dabei vermieden werden. Daraus sollen konkrete und skalierbare Lösungen für Probleme im Bereich der Datennutzung abgeleitet werden. Das Institut soll bis 2025 mit insgesamt 30 Millionen Euro finanziert werden.
Eine Freigabe dieser Mittel durch den Bundestag erfolgte 2022 noch nicht, da aus den vorgestellten Eckpunkten erst ein vollständiges Konzept angefertigt werden soll. Beteiligt an dem Prozess sind das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) und das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). eco wird den Gründungsprozess weiter aktiv verfolgen.
Datenökonomie
Die Debatte um die regulatorischen Rahmenbedingungen für die Datenökonomie haben nicht nur durch Gesetzesvorhaben wie den Data Act oder das Dateninstitut an Relevanz im politischen Diskurs gewonnen. Da datengetriebenen Geschäftsmodellen sowohl von Seiten der Bundesregierung als auch von der EU-Kommission eine hohe Relevanz für die zukünftige Wertschöpfung der europäischen und deutschen Wirtschaft beigemessen wird, können weitere regulatorische Vorhaben in diesem Bereich erwartet werden. Diese sind in der EU-Datenstrategie und dem aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung bereits angelegt.
In diesem Zusammenhang hat eco Leitlinien für eine Datenökonomie verfasst, die Grundsätze in diesem Bereich festlegen. Sie werden die Grundlage bilden für die Begleitung zukünftiger Gesetze und Initiativen, die datengetriebene Geschäftsmodelle und Datennutzung betreffen. eco fordert in den Leitlinien unter anderem rechtsichere Rahmenbedingungen für den internationalen Datenaustausch, mehr Rechtssicherheit im Umgang mit Daten insgesamt, sowie die Förderung von Datenstandards. Zudem müssen marktwirtschaftliche Prinzipien bei der Gestaltung eines innovationsfreundlichen Rechtsrahmens für eine Datenökonomie in Europa Geltung behalten, auch im Hinblick auf die Nutzungs- und Zugriffsrechte von Daten.
Digitale Identitäten / eIDAS
Auch im Bereich der digitalen Identitäten hat eco sich im zurückliegenden Jahr positioniert. Im Zusammenhang mit der Novellierung der eIDAS-Verordnung auf europäischer Ebene, die einen Rechtsrahmen für eine EU-weit nutzbare und interoperable ID-Wallet schaffen soll, verfasste eco Leitlinien für eine solche ID-Wallet. Dabei steht ein offenes Ökosystem, das den Wettbewerb zwischen verschiedenen Wallet-Anbietern um die nutzerfreundlichste Lösung ermöglicht, für eco im Mittelpunkt. Der Rat verabschiedete am 6. Dezember 2022 bereits seine Position zur eIDAS-Novelle. In dieser wird ein besserer Schutz von Daten und einige zusätzliche Funktionen für die Wallet gefordert. Im Parlament steht die Entscheidung über einen Bericht hingegen noch aus. Auf Grundlage seiner Leitlinien wird eco die weitere Begleitung des im kommenden Jahr anstehenden Trilogs Begleiten.
Künstliche Intelligenz
Das Thema der Künstlichen Intelligenz wurde im Jahr 2022 durch die voranschreitenden Verhandlungen in Parlament und Rat über die KI-Verordnung und die Veröffentlichung eines Entwurfs für eine Richtlinie über KI-Haftung durch die Europäische Kommission geprägt. Die Europäische Kommission hatte bereits im April 2021 ihren Entwurf für eine KI-Verordnung vorgelegt. Diese sollte das weltweit erste umfassende Regelwerk zur Regulierung von Künstlicher Intelligenz werden. Im Kern verfolgte die Kommission mit der Verordnung einen risikobasierten Ansatz, nach dem die Auflagen für KI-Systeme in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko in den jeweiligen Anwendungsgebieten stehen sollen. Während die beiden federführenden Parlamentsausschüsse sich trotz Fortschritten im Jahr 2022 noch nicht auf einen Bericht einigen konnten, verabschiedete der Rat seine allgemeine Ausrichtung am 6. Dezember 2022. In seiner Ausrichtung fordert der Rat mehr Ausnahmen beim Verbot von biometrischer Erkennung, eine Ausweitung des Verbots von Social Scoring auch auf private Akteure. Des weiteren nimmt der Rat Nachschärfungen bei der KI-Definition vor. eco hat sich bereits zum White Paper der Kommission und zum Verordnungsentwurf jeweils mit Stellungnahmen eingebracht und wird den Trilog mit Eckpunkten aktiv begleiten.
Daneben soll mit dem am 28. September 2022 vorgestellten Entwurf für eine Richtlinie über KI-Haftung der Rechtsrahmen für Produkthaftung im Hinblick auf Besonderheiten von KI-Systemen weiterentwickelt werden. Das Ziel der Kommission ist es dabei, durch eine Fehlfunktion eines KI-Systems geschädigte Nutzer:innen die Durchsetzung ihrer Rechte zu erleichtern. Im Zusammenhang mit KI-Systemen gebe es dabei spezifische Probleme, da es für die geschädigten Nutzer:innen nach Ansicht der Kommission schwer sein kann, einen kausalen Zusammenhang zwischen dem eingesetzten KI-System und dem Schaden zu belegen, auch weil die genaue Funktionsweise des Systems für die Geschädigten mitunter schwer nachzuvollziehen ist. Ein Kernstück der Richtlinie ist daher die Befugnis für nationale Gerichte die Offenlegung von Beweismitteln zu veranlassen. Dabei kann es sich um Informationen handeln, die nach der KI-Richtlinie durch den Hersteller aufzuzeichnen sind, aber auch um Informationen zum Algorithmus und der Funktionsweise des Systems. eco hat sich mit einer Stellungnahme zu dem Entwurf eingebracht und wird den weiteren legislativen Prozess aktiv begleiten. Da die Richtlinie in einem engen Zusammenhang mit der KI-Richtlinie steht, wurde die Arbeit in Parlament und Rat bis zur Verabschiedung einer Position zur KI-Richtlinie zurückgestellt und soll vorrausichtlich im Frühjahr 2023 wieder aufgenommen werden.
Aspekte einer nachhaltigen Digitalisierung
Anfang 2022 wurde bekannt, dass die vom Umweltbundesamt (UBA) entwickelten Umweltzeichen zur Qualifizierung energieeffizienter Rechenzentren sowie klimaschonender Co-Location-Rechenzentren überarbeitet werden sollen. Mit der konzeptionellen Überarbeitung der Umweltzeichen ist das Öko-Institut vom UBA beauftragt worden. Im April hat eco einen Expertenaustausch zwischen Mitgliedsunternehmen und dem Öko-Institut veranstaltet. Daran anschließend hat eco Eckpunkte zur Überarbeitung der Blauen Engel Umweltzeichen erarbeitet.
Anfang 2023 wurden die Umweltzeichen für Rechenzentren und Co-Location-Rechenzentren erneut überarbeitet und zusammengelegt. Mit dem Umweltzeichen des „Blauen Engel für Rechenzentren“ soll eine flexiblere Bewertung er unterschiedlichen Geschäftsmodelle beim Betreib von Rechenzentren besser dargestellt werden können. Jedoch bedarf es nach Einschätzung von eco weiterhin einiger Anpassungen zur Verbesserung, um die Innovationsfreundlichkeit und Marktakzeptanz des Umweltzeichens zu gewährleisten.
Energie- und Klimapolitik
Im Januar hat die EU-Kommission zur neuerlichen Anpassung der europäischen Erneuerbare-Energien-Richtlinie eine Konsultation zu Projekten im Bereich erneuerbare Energien – Genehmigungsverfahren und Strombezugsverträge eingerichtet. eco hat ein Positionspapier erarbeitet und in den Konsultationsprozess eingebracht.
Der kriegerische Angriff Russlands auf die Ukraine, Ende Februar 2022, hat die Bedeutung bestehender geopolitischer Beziehungen im Bereich der Energie- und Klimapolitik verändert. Neben diversen Sanktionspaketen in den darauffolgenden Monaten hat die EU-Kommission Mitte Mai einen Plan zur Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland und zur Beschleunigung des ökologischen Wandels mit dem Titel „REPowerEU“ vorgelegt. Darin empfiehlt die EU-Kommission ambitioniertere Ziele für den Ausbau erneuerbarer Energien und zur Steigerung der Energieeffizienz bis 2030. Mitte Juli hat der Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie (ITRE) seinen Bericht zur Überarbeitung der Energieeffizienz- und Erneuerbare-Energien-Richtlinie beschlossen. Darin empfiehlt der Ausschuss den Anteil erneuerbarer Energien bis 2030 auf 45 Prozent, statt 40 Prozent aus dem Vorschlag der EU-Kommission, und die Energieeffizienz um 40 Prozent, statt 36 Prozent im Kommissionsvorschlag, zu steigern. Die Berichte des ITRE wurde im September im Europäischen Parlament beschlossen. Zur weiteren Begleitung des Trilogverfahrens hat eco im Dezember 2022 zwei Eckpunktepapiere zu der Energieeffizienz– und der Erneuerbare-Energien-Richtlinie veröffentlicht. Der Abschluss der Verhandlungen und die Zustimmung von Rat du Parlament werden im Frühjahr 2023 erwartet. Die Richtlinien werden somit voraussichtlich vor Ende 2023 in Kraft treten.
Auf nationaler Ebene hat der neue Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Robert Habeck, im Januar 2022 die Eröffnungsbilanz Klimaschutz vorgestellt und zwei Maßnahmenpakete – das Oster- und das Sommerpaket – zur Überarbeitung des deutschen Energierechts vorgestellt. Das Osterpaket zielte u.a. darauf ab den Anteil erneuerbarer Energien am deutschen Strommix zu steigern, Bau- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und die Finanzierung der Umlage zum Ausbau erneuerbarer Energien aus dem Bundeshaushalt sicherzustellen. Bereits im März hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zahlreiche Gesetzesentwürfe zur Umsetzung des Osterpakets vorgelegt.
Mit dem Gesetzentwurf zur Absenkung der Kostenbelastung durch die EEG-Umlage und zur Weitergabe dieser Absenkung an die Letztverbraucher soll die Rechtsgrundlage zur Finanzierung der Ausbaukosten für erneuerbare Energien aus dem Bundeshaushalt geschaffen werden. eco hat in einem Eckpunktepapier auf die Wettbewerbssituation der Internet- und Digitalwirtschaft hingewiesen und eine Finanzierung der EEG-Umlage aus dem Bundeshaushalt ohne Ausnahmen eingefordert. Wenige Wochen später wurde der Entwurf eines Gesetzes zu Sofortmaßnahmen für einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien und weiterer Maßnahmen im Stromsektor vorgelegt. eco hat Eckpunkte, unter anderem mit Hinweis auf das sektorspezifische Klimaziel – dem klimaneutralen Rechenzentrumsbetrieb ab 2027 bzw. bis 2030 –, zu dem Gesetzesentwurf erarbeitet und in das Beteiligungsverfahren beim BMWK eingebracht. Der Gesetzentwurf ist von Bundestag und Bundesrat vor der Sommerpause beschlossen worden.
Das Sommerpaket welches unter anderem Rahmenbedingungen für ein nationales Energieeffizienzgesetz sowie zur Abwärmenutzung schaffen und den Auf- und Ausbau kommunaler Wärmenetze fördern sollte wurde aufgrund der zunehmend kritischen energiepolitischen Lage nicht in der ursprünglichen Form umgesetzt. Stattdessen werden die geplanten Maßnahmen, wie das Energieeffizienzgesetz, auf Basis von Einzelvorhaben auf den Weg gebracht.
Energieeffizienzgesetz
Mit dem Energieeffizienzgesetz (EnEfG) soll eine querschnittliche und sektorübergreifende Reduzierung der Energieverbräuche forciert werden. Zudem soll mit dem EnEfG die EU-Energieeffizienz-Richtlinie, in deutsches Recht übertragen werden. Im November 2022 wurde ein Referentenentwurf zu dem Gesetz bekannt. Jedoch gehen die in dem Entwurf genannten Anforderungen weit über den Rahmen der EU-Richtlinie hinaus und stellen aus Sicht des eco eine Gefährdung für die Rechenzentrumslandschaft in Deutschland dar. Insbesondere die geplante Einführung einer Abwärmenutzungspflicht kommt in der derzeit bekannten Ausgestaltung einem Moratorium für neue Rechenzentren gleich. eco hat erstmals im November 2022 ein Eckpunktepapier zum EnEfG veröffentlicht.
Im Rahmen der Verbändeanhörung durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) beteiligte sich eco erneut mit einer schriftlichen Stellungnahme. Der vom Bundeskabinett verabschiedete Entwurf enthielt zwar einige Nachbesserungen, dennoch blieben die Grundproblematiken bezüglich der Abwärmenutzungspflicht unverändert. Neben den starren Anforderungen bzgl. der Abwärmenutzung in Rechenzentren kritisiert eco die teilweise schwer umsetzbaren Informationspflichten. Der Deutsche Bundestag wird sich voraussichtlich ab Ende Mai 2023 mit dem EnEfG befassen. eco bringt sich mit der Veröffentlichung eines weiteren Eckpunktepapiers aktiv in die Debatte rund um das EnEfG ein und begleitet das Gesetzgebungsverfahren weiterhin.
Strompreisbremse
Aufgrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist die Energieversorgungssituation in Deutschland derzeit problematisch. Es besteht Sorge über Engpässe bei der Stromversorgung und über Spannungsabfälle im Netz. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen sind aller Bemühungen der Bundesregierung, der Aufsichtsbehörden und der Energieversorger zum Trotz die Energiepreise stark angestiegen. Die Bundesregierung hat sich daher dazu entschlossen, im Rahmen eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse, befristete Sofortmaßnahmen zur Entlastung von Verbrauchern auf den Weg zu bringen.
Die Strompreisbremse wurde im Dezember 2022 durch den deutschen Bundestag verabschiedet und greift seit dem 1. März 2023 rückwirkend. Jedoch sind Rechenzentren als besonders stromintensive Branche nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem läuft die Regelung bezüglich der Abschöpfung von krisenbedingten Sondergewinnen Gefahr, dass PPAs nicht mehr wirtschaftlich angeboten werden können. Damit entfiele ein notwendiges Instrument, welches zum Erreichen der deutschen und europäischen Klimaziele unabdingbar ist. Auch die für den Sommer 2023 geplante Korrekturnovelle verspricht diesbezüglich noch keinerlei Nachbesserungen.